Bürgerinitiative für eine nachhaltige Stadtentwicklung für die City Ost
Für ein sozial verträgliches Nutzungskonzept für das Ensemble Lessingstraße 16-18 in Wiesbaden
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
fast ein Jahr nach dem der denkwürdigen „Informationsveranstaltung“ am 19.9.2023 in welcher der Nachbarschaft die unausgegorenen Pläne für die „GU+ Lessingstraße“ vorgestellt wurden, möchte ich die Gelegenheit ergreifen, eine Zwischenbilanz zu ziehen und auch den Blick nach vorne zu richten.
Bei der Beurteilung einer jeden Zwischenbilanz ist der Blick auf die „Eröffnungsbilanz“ von entscheidender Bedeutung. Wie sah es vor einem Jahr aus und wo stehen wir heute?
Vor einem Jahr wurden die Anwohner bei bereits weit fortgeschrittenen Bauarbeiten in den Gebäuden der alten Didier Hauptverwaltung mit der Nachricht überrascht, neben der bereits im Nebengebäude bestehenden GU mit 60 Plätzen eine weitere GU+ mit rund 340 Plätzen einzurichten. Ein Bauantrag war, Bezug nehmend auf ein offensichtlich auf den Fall Lessingstraße nicht anwendbares Schreiben des Hessischen Innenministeriums, nicht gestellt und sollte vor dem Sommer 2024 auch nicht gestellt werden. Bitten aus den Reihen der Anwohner an die Verwaltung und die SEG als (neue) Eigentümerin wurden breitbeinig abgewiesen („sie glauben doch nicht, dass sie hier noch was ändern können“).
Eine große Zahl an Anwohnern, welche das Projekt aus sachlichen Gründen ablehnten und auch von der Behandlung durch die Verwaltung und SEG, welche mit arrogant noch sehr zurückhaltend beschrieben ist, haben daraufhin die ihnen in einem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen:
Der Rechtsweg
Mit Verweis auf eine besondere Eilbedürftigkeit und Notlage (Flüchtlingsströme müssten untergebracht werden), für die Ausarbeitung eines Bauantrags bestünde daher keine Zeit und es gäbe auch keine Kapazitäten bei der SEG als Bauherr, wurde mit den Umbauarbeiten im zweiten Quartal 2023 begonnen. Beide Argumente waren offenkundig vorgeschoben. Der wahre Grund für den Verzicht auf einen Bauantrag lag darin, dass ein Bauantrag dazu führt, dass Nachbarn den Bauantrag einsehen können und auf Verstoß gegen Nachbarschaftsrechte prüfen können.
Unsere erster Klage-Zug zielte daher darauf ab, erst einmal einen Bauantrag zu erzwingen, um diesen dann auf Verstöße gegen nachbarschaftliche Rechte überprüfen zu können.
Noch bevor der Hessische Verwaltungsgerichtshof darüber befand, kam die SEG einem Urteil zuvor und hat Ende 2023 einen Bauantrag eingereicht. Damit hatte sich die erste Stufe erledigt und wir hatten nun mit dem Bauantrag und der alsbald ausgefertigten Baugenehmigung einen angreifbaren Verwaltungsakt.
Wussten Sie übrigens schon: Der oberste Dienstherr der zuständigen Wiesbadener Baubehörde ist auch Aufsichtsrat bei der SEG, welche den Bauantrag stellte.
Nun konnte also, da ein Verwaltungsakt vorlag, gegen diesen vorgegangen werden. Den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24.7.2024 habe ich als Anlage beigefügt. In diesem Beschluss wurde die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung zur Umnutzung der Didier HV in eine Flüchtlingsunterkunft bejaht, zumal es sich im vorliegenden Fall nicht um die Errichtung eines neuen Gebäudes handelt. Gleichwohl werden vom Hess. VGH eine Reihe von „Spielregeln“ aufgezählt (siehe ab Seite 9 des Beschlusses):
„in der Bau- und Nutzungsbeschreibung für die Außenanlagen sind keine Nutzungen durch die Bewohner vorgesehen“
„Die Nutzung der Freiflächen durch die Bewohner zu Aufenthaltszwecken oder als Spielplätze für Kinder ist gerade nicht genehmigt worden“
„Die Unterkunft wird durchgängig, d.h. 24 Stunden am Tag und an allen Wochentagen durch einen Hausmeisterservice betreut….Die Mitarbeiter des Hausmeisterservice haben mehrfach täglich Rundgänge durchzuführen.
Ruhezeit von 22:00 abends bis 6:00 morgens, Vorhänge sind ab 22:00 zuzuziehen, Verschließen der Küchen ab 22:00
Die Mitarbeiter des Sozialdienstes haben die Hausordnung zu erklären und sollen auch die Eltern auf die in der Umgebung liegenden Spielplätze hinweisen und auffordern, diese aufzusuchen.
Damit haben wir zwar unser Maximalziel, den Bauantrag zu verwerfen und die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft zu verhindern, nicht erreicht. Es wurden aber alle unsere Kernforderungen, um die Belastungen für die Anwohner so klein wie möglich zu halten, aufgegriffen und durch das Urteil bestätigt.
Die Öffentlichkeitsarbeit
Obgleich wir in diesem Bereich wohl alle über kaum relevante Erfahrungen verfügten, haben wir hier einiges erreichen können und eine steile Lernkurve hingelegt. Hier möchte ich allen, welche sich mit viel Engagement und Herzblut eingesetzt haben, ein herzliches „Dankeschön“ aussprechen.
Unsere Abdeckung in der Presse war durch den Einsatz von Herrn Volker Vatter deutlich besser als ich das je erwartet hatte. Unsere Homepage hat bis heute mehr als 11.000 Besucher zu verzeichnen. Unsere Banner und Flyer zu Beginn unserer Arbeit haben Wirkung entfaltet. Die Ansprache der lokalen Politiker und das Einbringen unserer Themen in verschiede Gremien war zwar mühsam, hat uns aber letztlich zu einem Status Quo geführt, welcher vor einem Jahr kaum denkbar war:
Die Stadt als Betreiberin der Flüchtlingsunterkunft hat sich bereit erklärt, die maximale Belegung von 340 auf 200 Personen zu senken.
Die Licht- und Geräuschemissionen konnten durch eine Vielzahl von Maßnahmen deutlich reduziert werden.
Es findet ein regelmäßiger Dialog mit der Betreiberin der Unterkunft statt.
Wie geht es nun weiter?
An unserer Einschätzung, dass die Flüchtlingsunterkunft in der Lessingstraße aus vielen Gründen, welche wir hinreichend auf unserer Homepage (www.lessing16.de) publiziert haben, die schlechteste mögliche Nutzung der Immobilie darstellt und das ganze Projekt in vielerlei Hinsicht ein Desaster ist, hat sich nichts geändert:
Das Gebäude Lessing 16 ist ein Einzelkulturdenkmal, der hintere Gebäudeteil ist unter Ensembleschutz. Damit dürfte Wiesbaden wohl so ziemlich die einzige Kommune in Deutschland sein, welche meint, man könnte die Denkmalschutzrechtlichen Notwendigkeiten mit einer großen Flüchtlingsunterkunft mit 340 Plätzen (laut Baugenehmigung) in Einklang bringen.
Die Gebäude wurden als Bürogebäude errichtet und auch bislang als solche genutzt. Als Anlage habe ich ein Interview aus der FAZ vom 13.6.2024 mit Frau Katrin Wenzel, der Leiterin der Stabsstelle Unterbringungsmanagement der Stadt Frankfurt. Klare Aussage hier: Bürogebäude mit den typischen Strukturen (wie auch in der Lessingstraße) sind völlig ungeeignete Objekte und kommen in Frankfurt gar nicht in die engere Auswahl, da die Kosten für einen Umbau viel zu hoch wären. Genau dies wurde aber in der Lessing 16 gemacht und in erheblichem Umfang Steuergelder verschwendet.
Zwei große Flüchtlingsheime direkt in einem gewachsenen Wohngebiet überfordern die sozialen Strukturen. Das ist keine „Stadtentwicklung“ sondern der Versuch, ein gewachsenes Viertel zu zerstören.
Vor dieser Ausgangslage werden wir uns strategisch in zwei Richtungen weiterbewegen:
- Durch Gespräche und Kooperation mit den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung müssen die Auswirkungen der Flüchtlingsunterkünfte auf die betroffenen Nachbarn so gering wie möglich gehalten werden, um zu verhindern, dass unser Viertel in einer Abwärtsspirale endet.
- Wir werden nicht müde werden, die für dieses Projekt Verantwortlichen in der Politik, der SEG und in der Verwaltung und die damit verbundene massive Steuerverschwendung zu benennen.
- Schließlich werden wir darauf hinarbeiten, dass dieses politisch motivierte Flüchtlingsheim, welche weder den Bewohnern noch den Anwohnern gerecht wird, so schnell wie möglich geschlossen wird und die Immobilien wieder einer Verwendung zugeführt werden, welche ihnen gerecht wird.
Nochmals allen vielen Dank für die Unterstützung und viel Kraft, Mut und innovative Ideen für unser zweites Jahr im Widerstand!
Mit den besten Grüßen
Robert Binder
1. Situation Lessing 16
Die Unterkunft im Vorderhaus hat sich in den letzten drei Wochen gefüllt. Dies ist schon deshalb bemerkenswert, da gemäß der am 29.2.2024 ausgefertigten Baugenehmigung diese unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wurde, „dass mit den jeweiligen Bauarbeiten erst begonnen werden darf, wenn …Prüfberichte zu den noch fehlenden bautechnischen Nachweisen der Standsicherheit und der Feuerwiderstandsdauer tragender Bauteile vorliegen“.
Mitglieder der BI haben bei den Behörden wiederholt angefragt, ob denn diese Prüfberichte zwischenzeitlich vorliegen und keine Rückmeldung erhalten. Nun, keine Antwort ist auch eine Antwort. Dies hält aber unsere Stadtverwaltung nicht davon ab, in diesem Gebäude schon mal Flüchtlinge in großer Zahl unterzubringen. Hierzu möchte ich auf die beigefügten Anlagen 1 und 2 verweisen, in denen Mitglieder der BI die Verantwortlichen auf diese Zustände hinweisen.
Auch haben sich leider die von der BI schon früh vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Kompatibilität einer solchen Großunterkunft in einem Wohngebiet ohne hinreichenden Abstand zu den Nachbarhäusern bestätigt. Da die Küchen über keine Dunstabzugssysteme verfügen sind die Fenster ständig offen und Licht und Lärm dringen ungehindert nach draußen. Der Hinweis der Hausmeister, dass dies nach Ramadan vielleicht nachlässt (in der Info-Veranstaltung letzten Herbst war ja noch von Ukrainischen Familien die Rede) stimmt nicht wirklich hoffnungsfroh. Auch lautes Unterhalten und telefonieren auf der Straße werden mit wärmer werdendem Wetter nicht nachlassen. Zu Einzelheiten zu diesem Komplex möchte ich auf die Anlage 3 verweisen.
2. Rechtliche Verfahren
Mit Erlass der Baugenehmigung am 29.2.2024 hat sich unser Verfahren am Hessischen VGH erledigt. Nun jedoch liegt ein Verwaltungsakt vor, welcher angegriffen werden kann. Das VGH hat in der Frage nicht entschieden, sondern die Entscheidung bis zum Vorliegen der Baugenehmigung ausgesessen. Über die Gründe können wir nur spekulieren, Tatsache ist aber, dass ohne unsere Initiative erst im Sommer 2024 überhaupt ein Bauantrag gestellt worden wäre. Wir hatten uns danach in der Runde der unmittelbaren Nachbarn zusammengesetzt und haben beschlossen, gegen die nun ja vorliegende Baugenehmigung rechtlich vorzugehen. Erfreulicherweise hat sich der Kreis der Anwohner, welcher sich finanziell beteiligt, nochmals erweitert. Gleichwohl möchte ich alle einladen, darüber nachzudenken, ob sie sich nicht auch mit an den Kosten beteiligen wollen.
Weshalb halten wir es für geboten, weitere rechtliche Schritte zu gehen?
a. In einem Rechtsstaat sollte der Grundsatz „gleiches Recht für alle“ gelten. Will jemand bauen, muss er vorher einen Bauantrag stellen und die zuständigen Behörden prüfen, ob das Vorhaben den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht. Von diesem Grundsatz wollte die Stadt Wiesbaden in Gestalt ihrer Tochtergesellschaft SEG dreist abweichen. Erst einmal bauen, dann die Häuser mit Flüchtlingen auffüllen und dann wirkt die Macht des Faktischen. Darüber hinaus werden den Anwohnern ihre nachbarschaftsrechtlichen Einspruchsmöglichkeiten genommen, da es mangels Baugenehmigung ja auch keinen Verwaltungsakt gibt, welchen man angreifen könnte. Das entspricht nach meinem Dafürhalten von einem bedenklich erodierten Rechtsstaatsempfinden. Schon deshalb ist es geboten, dass wir Bürger diesem Treiben Einhalt gebieten und den Gerichten die Möglichkeit geben, das Vorgehen zu überprüfen. Die Tatsache, dass nach unseren Eilanträgen der ursprünglich für Juni 2024 geplante Bauantrag dann doch schon nach wenigen Wochen noch vor Weihnachten eingereicht werden konnte, zeigt, dass hier von der SEG lediglich taktische Spielchen mit den Bürgern und dem Bauamt gespielt werden sollten.
b. In der eigentlichen Sache, nämlich ob eine solche Großunterkunft in unmittelbarer Nähe zu gewachsener Wohnbebauung überhaupt genehmigungsfähig ist, gab es bisher noch keine Entscheidung. Da ja den bisherigen Verfahren weder ein Bauantrag noch ein Verwaltungsakt zugrunde lag, konnten unsere Eilanträge notgedrungen nur von Annahmen ausgehen und die Schriftsätze der Gegenseite waren auch recht blumig. Nun liegt ein von uns beauftragtes Lärmgutachten vor und ist von der Gegenseite auch nicht entkräftet worden. Die Chancen, das Vorhaben doch noch zu Fall zu bringen sind daher gar nicht so schlecht.
c. Neben den beiden oben genannten „harten“ Argumenten gibt es eine Reihe von „weichen“ Faktoren, welche für eine Fortsetzung der rechtlichen Prüfung des Vorhabens sprechen.
Konkret wurden von dem von uns mandatierten Anwalt bereits erste Maßnahmen zur Einleitung der nächsten Runde ergriffen. In Summe können sich diese Verfahren recht lange hinziehen (2-3 Jahre) und würden demnach auch noch in die nächste Bürgermeister- und wahrscheinlich auch Kommunalwahl hineinreichen.
3. Was haben wir gelernt?
a) Durch unsere Initiative wurde der Bauantrag über ein Jahr früher gestellt als von der SEG / Herrn Stöcklin angekündigt. Die offenbar noch immer offenen Fragen zum Brandschutz zeigen, wie nötig das war. Unsere Initiative hat dazu geführt, dass (lebens-) wichtige Themen wie Brandschutz aber auch die Belange des Denkmalschutzes angemessen bearbeitet wurden und hoffentlich noch werden. Die SEG und die Verantwortlichen bei der Stadt hätten offenkundig nicht gezögert, die Flüchtlinge über viele Monate in einer Immobilie mit zweifelhafter Tauglichkeit hinsichtlich des Brandschutzes unterzubringen. Es ist zu hoffen, dass hier der eine oder andere Akteur bei der Stadt, welcher reflexhaft Xenophie geschrien hat, vielleicht etwas demütig in sich geht.
b) Unsere Bedenken hinsichtlich der Geeignetheit des Gebäudes und des Standortes für eine GU+, welche von den Verantwortlichen bei der „Informationsveranstaltung“ im Herbst letzten Jahren mit großer Überheblichkeit hinweggewischt wurden, haben sich leider schon in den ersten Tagen der Nutzung als zutreffend erwiesen. Das unbeholfene Agieren der verantwortlichen (Aushängen von Hausordnungen in bestem Beamtendeutsch in einer Unterkunft, in der keiner der deutschen Sprache mächtig ist, schon bei nur teilweiser Belegung des Heimes offensichtlich überforderte Hausmeister, Küchen ohne Dunstabzug, so dass nur bei offenem Fenster gekocht werden kann und so weiter) zeigen uns, dass es mit der Kompetenz der handelnden Personen offenkundig nicht so weit her ist und wir als Anwohner aktiv bleiben müssen und die Finger immer wieder in die Wunden legen müssen.
c) Es zeichnet sich ab, dass die Situation für die Flüchtlinge genauso belastend werden wird, wie für uns Anwohner. Es ist die falsche Immobilie am falschen Ort für diesen Zweck. Diesen Zustand zu ändern ist eine langfristige Aufgabe, welche wir angenommen haben. Tatsächlich sollen hier die Flüchtlinge gegen die Anwohner ausgespielt werden. Die tatsächlichen Motivationen zeichnen sich immer klarer ab: Die Politik verfolgt eine Agenda der „De-Gentrifizierung“ eines der letzten intakten Gründerzeitviertel. Anders ist es nicht zu erklären, weshalb es zu einer so massiven Konzentration von ca. 4% der Flüchtlingsunterkünfte in unserem Viertel kommen konnte. Die SEG und damit die Stadt hat auch eine klare Agenda: Abzahlen der Immobilie mit Hilfe der Unterbringung von Flüchtlingen. Betriebswirtschaftlich zwar eine katastrophale Aufwands- Ertragsrechnung, aber der Steuerzahler zahlt die Rechnung.
Diese Gemengelage motiviert uns, auf die Missstände immer wieder aufmerksam zu machen. Vielleicht gelingt es dann am langen Ende doch noch, dass die Flüchtlinge vernünftig in dafür geeigneten Wohnungen untergebracht werden können und das denkmalgeschützte Didier-Gebäude wieder wachgeküsst wird.
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
nach einer längeren Pause, nicht zuletzt bedingt durch die Weihnachtsferien, möchte ich mich nun wieder melden und Informationen zu den aktuellen Entwicklungen geben.
Situation Lessing 16
In der Lessingstraße 16 haben in der letzten Woche die ersten Belegungen stattgefunden. Derzeit befinden sich auskunftsgemäß 17 Personen in der Unterkunft. Die letzten Bauarbeiten kommen wohl auch schön langsam zum Abschluss (die Zahl der täglich vorfahrenden Handwerker-Gefährte nimmt sukzessive ab).
Rechtliche Verfahren
Unser Verfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof läuft noch. Die Anwälte der Streitparteien haben ihre Schriftsätze ausgetauscht und das Verfahren könnte man nun als entscheidungsreif bezeichnen. Hinsichtlich unseres vorgelegten schalltechnischen Gutachtens ist zu berichten, dass die Gegenseite dieses bislang nicht entkräften konnte, sondern lediglich vortrug, dass die im Gutachten auch dargestellten Extremszenarien wohl in der Praxis ausgeschlossen werden könnten, da sich die Bewohner im Sommer ja in die Wiesbadener Parks zurückziehen könnten und nicht im Innenhof aufhalten müssten.
Das Gericht wurde über den Beginn der Belegung unterrichtet und wir dürfen gespannt sein, ob und wie das Gericht darauf reagiert, dass die Stadt Tatsachen schafft, bevor die Richter zu einem Urteil gelangt sind. Das Argument der Eilbedürftigkeit dürfte bei derzeit rund 3000 Bewohnern in Flüchtlingsunterkünften in Wiesbaden im Vergleich zu der homöopathischen Zahl von 17 Untergebrachten wohl nicht überzeugen.
Es wird seitens unseres Anwaltes mit einer nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit gerechnet, dass der Hessische VGH die Entscheidung hinauszögert, bis der eingereichte Bauantrag beschieden ist. Dies wäre jedoch für die weitere juristische Überprüfung des Vorhabens nicht weiter schlimm, da sich danach weitere Rechtsmittel eröffnen würden.
Neue GU in der Solmsstraße
Als wir über den Namen für unsere Bürgerinitiative diskutiert haben, waren wir zum einen einhellig der Meinung, dass wir uns proaktiv nach vorne orientieren und nicht in den Rückspiegel schauen und einen Status Quo einfrieren wollen. Zum anderen wollten wir uns eben nicht auf die Immobilie Lessing 16 fokussieren, sondern unser Wohnviertel als Ganzes im Auge behalten.
Wie richtig und notwendig dies ist, zeigt sich nun leider schneller als befürchtet: In der Bredow wird die eigentlich zur Schließung vorgesehene GU+ fortgeführt, in der Lessing soll eine weitere GU+ entstehen und mit der Solmsstraße 16 wird gleich das nächste Flüchtlingswohnheim in der City-Ost eröffnet. Hier sollen dann 39 Personen in ein Haus mit drei Wohnungen gepresst werden. Wieder wurden die Anwohner nicht informiert, wieder wurden die Schulen nicht einbezogen, wieder erfolgt eine völlig unangemessene Belegung in einer für diese Personenzahl ungeeigneten Immobilie.
Mitglieder der BI hatten hierzu letzte Woche einen Gesprächstermin mit OB Mende. Leider waren wieder nur die immergleichen Worthülsen zu hören: Großartige Arbeit der städtischen Mitarbeiter im Sozialdezernat, Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen und so weiter. Da wo es unbequem wurde, gab sich unser OB nicht wissend und „wollte sich informieren“. Nun, Termine zum Herzeigen von bunten Bildchen einer „isländischen Badelandschaft“ vor dem Kurhaus oder von Abi-Feiern in einer schick auf Steuerzahlerkosten renovierten Walhalla machen mehr Spaß, das verstehen wir.
Am 27.2. haben wir unseren Ortsbürgermeister Scholz in der Fragestunde vor der Ortsbeiratssitzung zu diesen Themen angesprochen. Das Ergebnis kann nur als erschütternd bezeichnet werden: Ja, er, Herr Scholz, sei vom Sozialdezernat über die neue GU in der Solmsstraße unterrichtet worden, und nein, er habe die Anwohner nicht informiert, die könnten ihn ja im Rahmen der Ortsbeiratssitzungen fragen. Der zarte Hinweis, dass es im Jahr 2024 vielleicht auch digitale Möglichkeiten gäbe, interessierte Bürger zu informieren, wurde mit Unverständnis aufgenommen.
Das Gleiche dann zur Frage, ob es Herr Scholz nicht merkwürdig fände, dass die Zahl der GU in Wiesbaden seit letztem Herbst von 72 auf nunmehr 53 (Wiesbadener Kurier vom 8.2.2024 S.9) zurückging, in der City Ost aber immer neue Unterkünfte eröffnet würden: Unkenntnis, Unverständnis.
Immerhin soll in der nächsten Ortsbeiratssitzung am 7. Mai um 19:00 das Thema Flüchtlingsunterkünfte in der City Ost auf die Tagesordnung. Hier sollten wir wieder möglichst zahlreich erscheinen und unsere Standpunkte vertreten.
Wie geht es weiter?
Der Beginn der Belegung der Lessing 16 stellt sicherlich eine Zäsur unserer Aktivitäten dar, markiert sie doch gleichsam den Eintritt eines Zustandes, welchen wir mit unseren bisherigen Aktionen zu verhindern suchten. Ja, die rechtliche Auseinandersetzung um die Zulässigkeit der geplanten Nutzung geht weiter und wir sehen hier durchaus Chancen für unser Anliegen. Eine solche rechtliche Auseinandersetzung benötigt aber keine BI zur Organisation und Koordination von Maßnahmen.
Gleichwohl haben fast alle von uns den Eindruck, dass es damit nicht zum Ende kommen darf. Zumindest für mich war die bisherige Reise mit der BI sehr aufschlussreich und ich musste erkennen, dass die eigentlichen Probleme tiefer liegen:
Seit 2014 ist es evident und manifest, dass sich unsere Gesellschaft mit Flüchtlingsströmen wird auseinandersetzen müssen. Ebenso evident ist für mich geworden, dass unsere Stadtregierung auch zehn Jahre später nicht den Ansatz einer Strategie hat, wie sie diese Herausforderung angehen möchte.
Statt einer Strategie sehen wir ad hoc Maßnahmen mit der Umwidmung von immer neuen für diesen Zweck ungeeigneten Büroimmobilien zu Flüchtlingsheimen, welche dann nach einigen Jahren wieder aufgegeben werden, um sie abzureißen und die Grundstücke zu verwerten oder alternativ die Anmietung von privatem Wohnraum zu exorbitanten Preisen.
Sowohl SEG als auch private Investoren haben aus dem Thema Flucht ein lukratives Geschäftsmodell gemacht. Leidtragende sind die Geflüchteten, welche in viel zu großer Zahl in ungeeignete Gebäude gepresst werden und deren Unterbringung zwar besser sein mag als in einem Flüchtlingscamp in Syrien, für die wir uns aber eigentlich schämen müssen (so ging es zumindest mir, als ich die Räume in der Lessingstraße nach „Fertigstellung“ besichtigen durfte: Versiffte Uraltteppichböden, Pressspanschutzplatten allerorten um dem Denkmalschutz Genüge zu tun, Sammelduschräume im Keller und so weiter.. ).
Sobald sich dann Widerstand der Anwohner auf solche Überbelegungen, welche die gewachsenen Strukturen der Wohnviertel sprengen, rührt, werden genüsslich die Keulen Xenophobie und am besten noch Rechtsextremismus geschwungen.
In Unterkünften mit 300 und mehr Bewohnern auf engstem Raum kann nichts Gutes entstehen, die vielbeschworene „Integration“ von Flüchtlingen bleibt eine Schimäre. Hier wären gänzlich andere Konzepte nötig.
Solche Konzepte müssten tatsächlich auf dezentrale Unterbringung und eine möglichst schnelle Einbindung in Arbeit vorsehen. Das ist aber natürlich mühsamer als die Unterbringung und Verwaltung des Elends in riesigen Einheiten.
Wiesbaden zerstört sich mit dem eingeschlagenen Weg, große Sammelunterkünfte in Wohngebiete zu klotzen, in signifikantem Umfang wirtschaftliche Chancen. Mit der Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes und der damit noch größeren Differenz zum Nachbarn Mainz, dürften die Chancen auf Unternehmensansiedlungen gegen null gehen. Das Gewerbegebiet Petersweg gibt davon beredtes Zeugnis: Das einzige was sich da noch ansiedelt sind großflächiger Einzelhandel, PKW Handel und LKW Reparatur. Alles halt, was viel Platz braucht aber nur ein geringes Steueraufkommen generiert. Die Chance von Wiesbaden liegen damit in den nicht gewerbesteuersensiblen Bereichen wie Freie Berufe und medizinische Dienstleistungen. Hier wäre in Bereichen wie der City Ost ein ideales Umfeld. Statt dies zu nutzen, nimmt die Stadt lieber geeignete Immobilien wie die Lessing 16 für viel Geld vom Markt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, werden die betroffenen Viertel auch noch unattraktiver für entsprechende Neuansiedlungen.
Eine typische „loose loose“ Situation also. Es muss daher allen wohlmeinenden Bürgern ein Anliegen sein, diese für Flüchtlinge und Bürger ungute Situation zu beenden und endlich konstruktive Wege einzuschlagen. Eine nachhaltige Entwicklung für die City-Ost eben.
Mit den besten Grüßen
Robert Binder
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer der BI „Nachhaltige Entwicklung für die City Ost“,
seit meinem letzten Rundschreiben vom 13. November ist über die folgenden Entwicklungen zu berichten:
Handlungsstrang Stadt / Sozialdezernat
Hier mussten wir leider feststellen, dass von allen Seiten „zugemacht“ wurde. Unsere Bitte auf einen Anschlusstermin an den 8. November beim Sozialdezernat wurde abgelehnt („kein weiterer Diskussionsbedarf erkennbar“). Auch die Ergebnisse auf unsere Versuche einer schriftlichen Kommunikation blieben recht dürftig. Das schon in der letzten Rundmail dargestellte Ergebnis wurde mit vielen „wir prüfen ob“ und immer unter der Voraussetzung, dass die GU Hans Bredow bleibt (was zwischenzeitlich ja so entschieden ist), zwar bestätigt, wichtige Themen (welche Jugendgruppen sollen kommen, welche Zimmer sollen für die Alternativnutzungen verwendet werden etc.) konnten jedoch nicht mehr besprochen werden.
Auch in der Ortsbeiratssitzung vom 28.11. (das Sozialdezernat wurde von Frau Würzberger vertreten) wurde seitens der Verwaltung kein weiterer Handlungsbedarf gesehen. Selbst ein Antrag der CDU Fraktion, die gemachten Zusagen doch bitte zu verschriftlichen, um eine gewisse Verbindlichkeit zu erreichen, wurde von der Mehrheit der Linkskooperation im Ortsbeirat abgelehnt. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der Ortsbeirat nicht die Interessen der Bürger in der City Ost vertritt, sondern in einem merkwürdigen Verständnis von Fraktionsdisziplin und Kadavergehorsam erstarrt ist, hier wäre er erbracht worden.
Aus dem in der a.O. Ortsbeiratssitzung vom 10. Oktober in der Präsentation des Sozialdezernats angekündigten „Dialog mit der BI“ ist also leider nichts geworden. Die BI ist darüber nicht nur in der Sache enttäuscht, sondern erlebt das derzeitige Verhalten der Verwaltung als respektlos gegenüber den Bürgern.
Immerhin wurde von Frau Würzberger am 28.11. nochmals bekräftigt, dass sich die Stadt an ihr Wort halten wird. Daran werden wir sie messen, sollte es so weit kommen.
Juristischer Handlungsstrang:
Am 21.11. wurde auch der Eilantrag der zweiten Gruppe vom Verwaltungsgericht Wiesbaden abgelehnt. Die entsprechende Urteilsbegründung habe ich auf unserer Homepage www.Lessing16.de ganz am Ende der Rubrik „Informationen-Hintergründe und Meinungen“ hochgeladen (ganz unten), so dass sich hier jeder ein eigenes Bild machen kann. Die Argumentation des Gerichts wird vom vertretenden Anwalt wie folgt zusammengefasst:
Fehlen der Baugenehmigung: Das Gericht bestätigt, dass das Fehlen der Baugenehmigung zu einer Beweislastumkehr führt. Auf Seite 25 wird ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot damit begründet, dass dieser nicht glaubhaft gemacht (bewiesen) worden sei. Bei einer Baugenehmigung hätte der Bauherr nachweisen müssen, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Gemäß § 19 Abs. 4 GG besteht ein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und es ist anerkannt, dass die Vorschriften des einfachen Rechts verfassungskonform auszulegen und anzuwenden sind. Man sollte meinen, dass eine vorsätzliche Missachtung geltenden Rechts durch den Staat dann nicht zu einer Verschlechterung des Rechtsschutzes führen darf. Diese Frage kann auch zum Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde gemacht werden. So wie bei Habecks Heizungsgesetz und der Schuldenbremse könnte die Dreistigkeit, mit der hier nach dem Motto „Vorsprung durch Rechtsbruch“ verfahren wird, dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht sagt: jetzt reicht’s.
Gebietsprägung § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO: Hier ist die Argumentation sehr dünn. Letztlich wird damit argumentiert, dass das Wohngebiet nicht durch Einfamilienhäuser, sondern durch Mehrfamilienhäuser geprägt sei und eine Flüchtlingsunterkunft einem Mehrfamilienhaus vergleichbar sei und nicht „plausibel“ sei, warum mit einer Lautstärke wie auf einem Schulhof zu rechnen sei, weil es sich ja nicht um eine Einrichtung für Kinder handele. Das ist argumentativ äußerst dünn.
Rücksichtnahmegebot: Hier wird darauf abgestellt, dass nicht glaubhaft gemacht (bewiesen) worden sei, dass es zu unzumutbaren Lärmimmissionen komme.
Der größte Teil der „Gruppe zwei“ hat sich entschieden, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen.
In meinem nächsten Rundschreiben werde ich, neben den aktuellen Entwicklungen, auch auf die absehbar desaströse wirtschaftliche Bilanz dieses Projektes eingehen. So viel schon vorab: Die GU+ Lessing wird uns Steuerzahlern absehbar teuer zu stehen kommen.
Ich wünsche Ihnen allen einen guten Start in die neue Woche und verbleibe
Mit den besten Grüßen
Robert Binder
Leitbild und Ziele der Bürgerinitiative
"Nachhaltige Stadtentwicklung für die City-Ost"
Die stadteigene SEG hat zu Beginn des Jahres das Einzelkulturdenkmal Lessingstraße 16 zusammen mit einem weiteren unter Ensembleschutz stehenden Gebäude auf dem gleichen Areal erworben und plant nun im Zusammenwirken mit der Sozialadministration der Stadt Wiesbaden eine Sammelunterkunft für rund 350 Migranten in den beiden Gebäuden zu errichten. Die Unterkunft soll im Wesentlichen als Ersatz für die bisher genutzte Sammelunterkunft in der Hans-Bredow-Straße dienen, welche dann abgerissen und das Grundstück vermarktet werden soll. Zusammen mit der bereits seit geraumer Zeit bestehenden Sammelunterkunft auf dem Nachbargelände würden dann rund 400 Migranten unter engsten räumlichen Verhältnissen im Zentrum eines der letzten verbliebenen Gründerzeit Villenvierteln untergebracht.
Migration ist ein Thema, welches uns über die nächsten Jahre und Jahrzehnte begleiten wird. Die Mitglieder der Bürgerinitiative „Nachhaltige Stadtentwicklung City-Ost“ sind der Meinung, dass Migration nur zusammen mit Integration in ein soziales Umfeld funktionieren kann. Viele unserer Mitglieder sind seit vielen Jahren in dieser Richtung zivilgesellschaftlich engagiert. Diese Im Vergleich zur Wohnbevölkerung im Umfeld völlig unverhältnismäßige Anzahl an Personen, welche untergebracht werden sollen, übersteigen unsere Möglichkeiten bei weitem. Die Bildung eines sozialen Brennpunktes mit allen Nachteilen, auch für das weitere Umfeld, ist damit nahezu unvermeidbar. Viele Anwohnerinnen und Anwohner haben reale Ängste.
Wir fordern daher:
Eine maßvolle und der Verhältnismäßigkeit entsprechende Konzeption mit nachhaltiger Entwicklung des Standortes und Stärkung der funktionierenden Bürgergemeinschaft in der City-Ost
Stopp der ohne Beantragung eines Bauantrages und nur mit einer oberflächlichen denkmalschutzrechtlichen Prüfung begonnen Arbeiten an dem denkmalgeschützten Ensemble
Erarbeitung eines Mischkonzeptes aus Wohnungen für Migranten, Studenten, bezahlbaren kleineren Wohnungen für Wiesbadener Bürger und Büros unter Einbeziehung der Nachbarn und von Historikern zur Aufarbeitung der Geschichte der Didier-Werke AG
Eine sachgerechte Sanierung der Gebäude, um diese auch für kommende Generationen zu erhalten
Es ist offensichtlich, dass wir mit einem „weiter so“ die Herausforderungen einer auch in den nächsten Jahren steigenden Migration nicht werden lösen können, ohne den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft grundlegend zu gefährden. Gerade dieser besondere Platz in der Mitte der City-Ost und in der Mitte der Gesellschaft wäre hervorragend geeignet, hier neue und noch vorne weisende Konzepte umzusetzen. Weiter nur, wie bisher, kurzfristige finanzielle Ziele zu verfolgen wird uns als Gesellschaft langfristig sehr teuer zu stehen kommen.
PRESSEMITTEILUNG
Anwohner der geplanten Flüchtlingsunterkunft Lessingstraße leiten rechtliche Schritte gegen die Stadt Wiesbaden ein.
Wiesbaden, 17.10.2023 – Stellvertretend für eine Vielzahl von Anwohnern aus dem Kreis der Bürgerinitiative „Nachhaltige Stadtentwicklung für die City-Ost“ aus der Lessingstraße, Martinstraße, Augustastraße und Viktoriastraße wurde beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eine einstweilige Anordnung auf Untersagung sämtlicher Bautätigkeiten
in dem ehemaligen Didier-Gebäude Lessingstraße Wiesbaden beantragt.
Die Anwohner sehen sich gezwungen, ihre nachbarschutzrechtlichen Belange im Wege eines Eilverfahrens vor Gericht geltend zu machen, da bis heute noch kein Bauantrag für die stattfindenden Umbaumaßnahmen in dem denkmalgeschützten Gebäude vorliegt. Sie fürchten, dass die Stadt die in Aussicht gestellten Gespräche mit der Bürgerinitiative für eine nachhaltige Stadtentwicklung für die City Ost nicht ergebnisoffen führen will, sondern nach wie vor mit dem Einzug der ersten Flüchtlinge Mitte Dezember vollendete Tatsachen schaffen will. So rückt die Stadt nach wie vor nicht von ihrem Standpunkt ab, in der geplanten Flüchtlingsunterkunft mindestens 280 Geflüchtete unterzubringen. Auch werden die Umbaumaßnahmen im Inneren des denkmalgeschützten Gebäudes unvermindert fortgeführt. Inwiefern nachbarschutzrechtliche Belange, durch die an vier Straßenzüge angrenzende geplante Flüchtlingsunterkunft berührt werden, scheint die Stadt und erst recht die SEG nicht zu interessieren.
Die Anwohner haben den Eindruck, dass die Stadt und die SEG auch nach der desaströsen Kommunikation in der Angelegenheit nicht ernsthaft daran interessiert sind, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, da noch immer nicht geplant ist, zeitnah einen Bauantrag zu stellen.
Im Rahmen eines ordnungsgemäßen Baugenehmigungsverfahrens würde nämlich geprüft, ob nachbarschutzrechtliche Belange der Anwohner durch die geplante Flüchtlingsunterkunft inmitten eines Wohngebietes verletzt werden.
Die SEG beruft sich auf Eilbedürftigkeit, die einen Bauantrag entbehrlich mache. Damit verhöhnt sie abermals die besorgten Anwohner, denn bereits seit Dezember 2022 plant die SEG nachweislich dieses Vorhaben und von Eilbedürftigkeit kann keine Rede sein. Hinzu kommt, dass die bestehende Unterkunft in der Hans-Bredow-Straße bis voraussichtlich 2026 genutzt werden kann und aktuell nur ca. 50% der Belegungskapazität dort genutzt wird.
Durch das vorgeschobene Argument der Eilbedürftigkeit treibt die Stadt und die SEG die Anwohner in ein gerichtliches Eilverfahren. Bereits jetzt nimmt die Stadt Wiesbaden und die Stadt“entwicklungs“gesellschaft Millieu-Veränderungen in Kauf. Der SEG Geschäftsführer Stöcklin verweist absurderweise hierbei auf Beispiele in anderen Städten in denen völlig heruntergekommene Viertel nach Jahrzehnten der Verwahrlosung wieder hip und attraktiv geworden seien! Die Anwohner empfehlen vor dem Hintergrund solcher Einlassungen, das Verständnis der SEG von Stadtentwicklung gründlich zu überdenken.
Der vom Sozialdezernat letzte Woche in der Ortsbeiratssitzung medienwirksam avisierte Termin mit der Bürgerinitiative, ist von Frau Dr. Becher erst am 8. November möglich. In Anbetracht der Dringlichkeit, Einzug der künftigen Bewohner ab Mitte Dezember, fragt sich die Bürgerinitiative, ob mit der genügenden Ernsthaftigkeit das Dezernat die Gespräche bzgl. eines Kompromisses führen will.
Die Bürgerinitiative hofft gleichwohl, dass die von der Sozialdezernentin Frau Dr. Patricia Becher, angekündigten Gespräche mit Vertretern der Bürgerinitiative mit dem Ziel, einen Interessenausgleich herbeizuführen, nun tatsächlich kurzfristig aufgenommen werden und eine außergerichtliche Lösung herbeigeführt werden kann.
Leitbild und Ziele der Bürgerinitiative
"Nachhaltige Stadtentwicklung für die City-Ost"
Die stadteigene SEG hat zu Beginn des Jahres das Einzelkulturdenkmal Lessingstraße 16 zusammen mit einem weiteren unter Ensembleschutz stehenden Gebäude auf dem gleichen Areal erworben und plant nun im Zusammenwirken mit der Sozialadministration der Stadt Wiesbaden eine Sammelunterkunft für rund 350 Migranten in den beiden Gebäuden zu errichten. Die Unterkunft soll im Wesentlichen als Ersatz für die bisher genutzte Sammelunterkunft in der Hans-Bredow-Straße dienen, welche dann abgerissen und das Grundstück vermarktet werden soll. Zusammen mit der bereits seit geraumer Zeit bestehenden Sammelunterkunft auf dem Nachbargelände würden dann rund 400 Migranten unter engsten räumlichen Verhältnissen im Zentrum eines der letzten verbliebenen Gründerzeit Villenvierteln untergebracht.
Migration ist ein Thema, welches uns über die nächsten Jahre und Jahrzehnte begleiten wird. Die Mitglieder der Bürgerinitiative „Nachhaltige Stadtentwicklung City-Ost“ sind der Meinung, dass Migration nur zusammen mit Integration in ein soziales Umfeld funktionieren kann. Viele unserer Mitglieder sind seit vielen Jahren in dieser Richtung zivilgesellschaftlich engagiert. Diese Im Vergleich zur Wohnbevölkerung im Umfeld völlig unverhältnismäßige Anzahl an Personen, welche untergebracht werden sollen, übersteigen unsere Möglichkeiten bei weitem. Die Bildung eines sozialen Brennpunktes mit allen Nachteilen, auch für das weitere Umfeld, ist damit nahezu unvermeidbar. Viele Anwohnerinnen und Anwohner haben reale Ängste.
Wir fordern daher:
- Eine maßvolle und der Verhältnismäßigkeit entsprechende Konzeption mit nachhaltiger Entwicklung des Standortes und Stärkung der funktionierenden Bürgergemeinschaft in der City-Ost
- Stopp der ohne Beantragung eines Bauantrages und nur mit einer oberflächlichen denkmalschutzrechtlichen Prüfung begonnen Arbeiten an dem denkmalgeschützten Ensemble
- Erarbeitung eines Mischkonzeptes aus Wohnungen für Migranten, Studenten, bezahlbaren kleineren Wohnungen für Wiesbadener Bürger und Büros unter Einbeziehung der Nachbarn und von Historikern zur Aufarbeitung der Geschichte der Didier-Werke AG
- Eine sachgerechte Sanierung der Gebäude, um diese auch für kommende Generationen zu erhalten
Es ist offensichtlich, dass wir mit einem „weiter so“ die Herausforderungen einer auch in den nächsten Jahren steigenden Migration nicht werden lösen können, ohne den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft grundlegend zu gefährden. Gerade dieser besondere Platz in der Mitte der City-Ost und in der Mitte der Gesellschaft wäre hervorragend geeignet, hier neue und noch vorne weisende Konzepte umzusetzen. Weiter nur, wie bisher, kurzfristige finanzielle Ziele zu verfolgen wird uns als Gesellschaft langfristig sehr teuer zu stehen kommen.
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