Bürgerinitiative für eine nachhaltige Stadtentwicklung für die City Ost
Für ein sozial verträgliches Nutzungskonzept für das Ensemble Lessingstraße 16-18 in Wiesbaden
NEU :: FAZ Artikel vom 20.08.2025
F.A.Z., 20.08.2025, Nr. 192, Rhein-Main-Zeitung, S. 2, R-DA
Streit über Flüchtlingsunterbringung
WIESBADEN
Das Sozialdezernat will das Palasthotel sanieren lassen. Doch CDU und FDP sind für dessen Verkauf. Außerdem zahlt die Stadt Miete für Flüchtlinge, die es nicht gibt.
Von Robert Maus
Der Streit um die künftige Nutzung des maroden Palasthotels und die zeitweise Unterbringung von 13 Flüchtlingsfamilien in dem Gebäude nimmt an Schärfe zu. Am Mittwoch soll der Magistrat eine Vorlage des Sozialdezernats zur Kenntnis nehmen, laut der die Stadt 20 Millionen Euro an die Eigentümergesellschaft GWG zahlen müsste, wenn das Gebäude in städtischer Hand bliebe. Die Kritik an der Wiesbadener Flüchtlingspolitik und der Handlungsweise von Sozialdezernentin Patricia Becher (SPD) weitet sich zudem aus, weil die Stadt in einer Unterkunft Miete für Flüchtlinge zahlt, die es gar nicht gibt.
Nach Recherchen der F.A.Z. wird Wiesbaden bis Januar 2032 rund 4,45 Millionen Euro an die stadteigene Stadtentwicklungsgesellschaft SEG überwiesen haben, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Dabei geht es um Mietkosten für die umstrittene Flüchtlingsunterkunft an der Lessingstraße. Das Gebäude gehört der SEG und wird von dieser an die Stadt vermietet.
Eigentlich ist die Unterkunft für maximal 350 Personen ausgelegt, aber aufgrund anhaltender Proteste der Anwohner hatte Becher schon Ende 2023 zugesagt, dort lediglich bis zu 200 Flüchtlinge unterzubringen. Nach Auskunft von Ariane Würzberger, Leiterin des Amtes für Grundsicherung und Flüchtlinge, leben dort auch nur die versprochenen 200 Menschen. Laut Mietvertrag zahlt die Stadt eine Kopfpauschale von etwa 360 Euro pro Person und Monat, bestätigt Würzberger.
Der auf sieben Jahre befristete Mietvertrag mit der SEG sieht jedoch vor, dass die Pauschale für 350 Menschen gezahlt wird, auch wenn dort nur 200 Flüchtlinge wohnen. Daher zahlt die Stadt pro Jahr circa 1,5 Millionen Euro Miete an die SEG. Würde sie nur für die tatsächlich dort lebenden 200 Menschen zahlen, müssten nur 864.000 Euro im Jahr überwiesen werden. Nach Einschätzung von Kritikern zahlt die Stadt damit 636.000 Euro zu viel im Jahr. Das ergibt über die gesamte Vertragslaufzeit die genannte Summe von 4,45 Millionen Euro.
Auch dies bestätigt Würzberger im Gespräch und weist darauf hin, dass es das "an keiner anderen Stelle" in der Stadt gebe. "Wenn wir dort 350 Menschen unterbringen würden, wäre der soziale Frieden nachhaltig gestört", begründet Würzberger die Begrenzung. Über ihre Entscheidung habe Becher die Mitglieder des Sozialausschusses "ausführlich informiert", verteidigt sie die Dezernentin. Einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die Zahl der Bewohner zu begrenzen, gibt es nicht.
Zurück zum Palasthotel: Die CDU-Fraktion kritisiert die Entscheidung von Becher, Flüchtlingsfamilien im Palasthotel unterzubringen, massiv. Es sei niemandem zu erklären, warum die früheren Bewohner ausziehen mussten und nun Flüchtlingsfamilien einziehen könnten. "Dieses widersprüchliche und planlose Handeln ist verantwortungslos und beschädigt das Vertrauen in die Politik", sagt Fraktionschefin Daniela Georgi. Eine Begründung sei seinerzeit mangelnder Brandschutz gewesen. "Und der interessiert bei geflüchteten Menschen nun nicht mehr?", fragt sie weiter.
Ihrer Einschätzung nach gibt es zudem in anderen städtischen Unterkünften ausreichend Wohnraum. Das verneint Würzberger und spricht von einer "sehr hohen Auslastung" in den Unterkünften, die nahe an 90 Prozent liege. Zudem könnten nicht immer alle Betten in einem Zimmer wie geplant belegt werden. "Wir können die Leute ja nicht zusammenpferchen. Je mehr wir verdichten, desto größer wird die Unruhe in den Unterkünften", sagt sie. Die Unterkunft an der Lessingstraße sei ebenfalls zu fast 100 Prozent belegt, wenn man von 200 Menschen als Maximalkapazität ausgehe.
Auch die Liberalen sind verärgert. "Draußen entsteht der Eindruck, dass Sozialwohnungen geräumt wurden, um am Kochbrunnenplatz Flüchtlinge unterzubringen", kommentiert Fraktionschef Christian Diers die Situation und warnt: "Die AfD kann ihr Glück angesichts des ungeschickten Vorgehens des Sozialdezernats vermutlich gar nicht fassen."
Dabei sei der wahre Hintergrund wahrscheinlich viel simpler. "Die GWG sitzt auf einem Gebäude mit horrenden laufenden Kosten, das jetzt allerdings keine Mieterträge mehr abwirft. Mit der Unterbringung von Flüchtlingen soll jetzt wenigstens ein Teil dieses Finanzlochs gestopft werden", sagt Diers.
In der erwähnten Magistrats-Vorlage spricht sich Becher dafür aus, dass das Konzept Business- und Seniorenwohnen realisiert werden solle, wenn sich die Stadtverordneten dafür entschieden, das Palasthotel nicht zu verkaufen. Dies sieht auch ein Beschluss des SPD-Unterbezirks Wiesbaden vor. In diesem Fall müsste die Stadt in den Jahren 2026 und 2027 jeweils zehn Millionen Euro an Investitionskostenzuschüssen oder in Form von Eigenkapital der GWG zur Verfügung stellen und eine Ausfallbürgschaft von 80 Prozent für neue Verbindlichkeiten der GWG in Höhe von 5,3 Millionen Euro übernehmen.
Die Sanierungskosten für das zwischen 1903 und 1905 erbaute Hotel werden derzeit mit rund 40 Millionen Euro angegeben. 2023 war der Wert des Hauses noch auf rund 7,34 Millionen Euro geschätzt worden. Das Gutachten habe die erforderlichen Sanierungsinvestitionen jedoch nur teilweise berücksichtigt, weswegen Becher davon ausgeht, dass das Haus weniger wert ist. Trotzdem sei ein Verkauf zu diesem Preis realistisch.
Georgi fordert den Verkauf des Gebäudes: "Die Stadt hat weder Geld noch Strukturen, um das Palasthotel sinnvoll zu entwickeln. Wer daran festhält, betreibt Realitätsverweigerung statt verantwortungsvolle Politik." Schon der Haushalt 2026 sei nicht genehmigungsfähig, und trotzdem wolle die SPD weitere Millionen Schulden machen. Dies sei linke Träumerei pur. Mit dem Verkauf würden zudem weitere Mittel frei, die eingesetzt werden könnten, um bezahlbaren Wohnraum in Wiesbaden zu schaffen. "Das wäre wirklich sozial", so Georgi weiter.
Es wurde auch geprüft, ob in dem Gebäude Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Büros, Altenpflege oder ein Hotel infrage kämen. Aufgrund zahlreicher Faktoren, wie etwa Parkplätzen, Barrierefreiheit, Rettungswegen, Auswirkungen auf die Innenstadt und der Nutzung der vorhandenen Thermalquelle kommt die Vorlage zu dem Fazit, dass es weniger Schwierigkeiten bereite, wenn die GWG Eigentümerin des Gebäudes bleibe. Gleichwohl mahnen die Verfasser: "Die vorgenannten Schwierigkeiten bleiben bestehen, die finanziellen und personellen Herausforderungen sind für die GWG enorm und nicht ohne Unterstützung durch die Stadt Wiesbaden zu stemmen."
NEU :: Hausordnung
An die Anwohnerinnen und Januar 2025
Anwohner der Gemeinschafts-
Unterkunft Lessing 16-18
Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,
im Bestreben, ein möglichst friktionsfreies Miteinander zwischen den Nachbarn und den Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft Lessingstraße 16-18 zu erreichen, ist die Bürgerinitiative „Nachhaltige Stadtentwicklung für die City-Ost“ („BI“) seit mehreren Monaten im regelmäßigen Austausch mit der für die Unterkunft zuständigen Amtsleiterin, Frau Würzberger.
Zur Förderung dieses Ziels wurden, neben einer Reihe von praktischen Maßnahmen, auch Regelungen besprochen, welche der räumlichen Einbettung einer großen Gemeinschaftsunterkunft in ein gewachsenes Wohngebiet Rechnung tragen.
Diese Regelungen wurden nun in die erweiterte Hausordnung für die GU Lessing aufgenommen und werden so für die Bewohner verpflichtend (siehe vor allem die Punkte 9 bis 13).
Eine Kopie dieser erweiterten Hausordnung ist diesem Schreiben beigelegt. Für die Überwachung und Durchsetzung der Hausordnung sind die jeweilig diensthabenden Hausmeister (24 Stunden vor Ort) verantwortlich.
Es war uns wichtig, die Regelungen zu verschriftlichen und verbindlich für alle Bewohner zu machen, da es in den letzten Monaten wiederholt Situationen gab, in welchen Hausmeister auf angesprochene Missstände nicht reagiert haben beziehungsweise nach eigenem Gutdünken entschieden, tätig zu werden oder eben nicht.
Mit der Amtsleiterin haben wir besprochen, dass Beschwerden aus der Nachbarschaft nach Möglichkeit von der BI gesammelt und dann im Jour Fixe mit der Amtsleiterin besprochen werden.
Anregungen und Beschwerden richten Sie bitte an die email-Adresse:
info@lessing16.de
Dies ändert nichts am Ziel der BI, die ideologisch / politisch getroffene Entscheidung zur Nutzung des hierfür völlig ungeeigneten Ensembles Lessing 16-18 als Gemeinschaftsunterkunft im Interesse der Bewohner, aber auch der Steuerzahler, möglichst schnell zu beenden.
Mit den besten Grüßen,
Robert Binder
M: +49 172 6109319
HAUSORDNUNG im Einzelnen:
Hausordnung für die Unterkunft Lessingstraße 16-18
Diese Unterkunft wird von der Landeshauptstadt Wiesbaden, Sozialleistungs- und Jobcenter betrieben. In dieser Unterkunft wohnen Menschen aus verschiedenen Nationen unter einem Dach. Ein friedliches Zusammenleben erfordert Toleranz, Akzeptanz und gegenseitige Rücksichtnahme.
Folgende Regeln sind einzuhalten:
1. Gewalt gegenüber Personen oder Vandalismus in Bezug auf die Einrichtung des Hauses ist verboten. Wer randaliert oder andere bedroht, muss das Haus verlassen und die Konsequenzen (z.B. Anzeige bei der Polizei, Schadensregulierung etc.) tragen.
2. Der Verkauf, Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln ist verboten. Dies gilt explizit auch für Cannabisprodukte. Darüber hinaus ist auch der Anbau von Cannabis in der Unterkunft und auf dem Grundstück untersagt.
3. In der Unterkunft gilt ein generelles Rauchverbot.
4. Jede Person ist für das Eigentum selbst verantwortlich, bei Diebstahl wird keine Haftung übernommen.
5. Es ist verboten, weitere Personen im zugewiesenen Zimmer übernachten zu lassen.
6. Den Hausmeistern ist es gestattet, nächtliche Kontrollen durchzuführen. Diese erfolgen auch unangekündigt und sind mit dem Sozialdienst abgesprochen.
7. Besucherinnen und Besucher müssen das Haus bis spätestens 22:00 Uhr verlassen.
8. Die Zimmerbelegung sowie notwendige Verlegungen müssen akzeptiert werden.
9. Von 22:00 Uhr abends bis 6:00 Uhr morgens ist Ruhezeit. Aktivitäten sind auf Zimmerlautstärke zu reduzieren. Diese umfasst insbesondere das Telefonieren, Rauchen und Unterhaltungen vor und auf dem Außengelände. Die Sonn- und Feiertagsruhe ist entsprechend der rechtlichen Regelungen einzuhalten.
10. Die Nutzungszeit der Küchen beschränkt sich auf 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Die jeweils
diensthabenden Hausmeister überwachen diese Regelung. Es ist von den Bewohnenden Sorge zu tragen, dass vor 22 Uhr Herde und Kochutensilien gereinigt sind.
11. Die Fenster sollen, außer wenn es die Temperaturen im Sommer nicht zulassen, nicht dauerhaft geöffnet sein. Fenster sollen bei Regen, Schnee und Sturm geschlossen werden. In den Wintermonaten soll kurz stoßgelüftet werden.
12. Das Verhängen der Fenster mit Tüchern, das Trocknen von Wäsche oder die Ablage von Nahrungsmitteln oder Schuhen auf den Fensterbrüstungen ist nicht zulässig.
13. Die Hoffläche ist ein Parkplatz und nur als solcher zu nutzen. Auch die Außenbereiche stellen keine Aufenthaltsflächen dar. Hinsichtlich der Möglichkeit für Kinder zum Spielen sowie zum Aufenthalt für die Bewohnenden im Freien wird auf die umliegenden Spielplätze und Grünflächen verwiesen.
14. Wegen Brandgefahr ist das Mitbringen und der Besitz von Elektrogeräten jeglicher Art (z.B. Kühl- und Gefrierschränke, Mikrowellen etc.) verboten.
15. Kochen ist nur in den Gemeinschaftsküchen erlaubt. Herdplatten und Backöfen müssen nach dem Kochen und Backen gesäubert werden. Die Küche ist immer sauber zu verlassen.
16. Waschmaschinen und Trockner befinden sich im Waschraum. Waschzeiten entnehmen Sie dem Aushang oder erfragen Sie beim Hausmeister. Wäsche zum Trocknen aus den Fenstern zu hängen ist untersagt.
17. Das Befestigen von Regalen, Antennen, etc. ist verboten.
18. Manipulationen an den Rauchmeldern und Türschlössern sowie das Anbringen von eigenen Schlössern oder Ketten ist verboten.
19. Das Zimmer, die Küche sowie Duschen/Toiletten sind mindestens einmal in der Woche gründlich zu reinigen. Beim Erstellen eines Reinigungsplans ist Ihnen der Sozialdienst gerne behilflich.
20. Müll muss in den richtigen Abfallcontainern entsorgt werden. Bei Fragen hierzu wenden Sie sich an den Hausmeister oder den Sozialdienst. Sperrmüll darf nicht auf dem Gelände abgestellt werden und kann in Absprache mit den Hausmeistern entsorgt werden.
21. Auf den Fluren und im Foyer ist die Nutzung von Fahrgeräten (z.B. Fahrrad, Roller, Rollschuhe, Inline-Skates und/oder Skateboards) verboten. Darüber hinaus ist auch das Lagern und Aufladen von E-Scootern in den Zimmern verboten.
22. Eltern müssen ihre Kinder beaufsichtigen. Eltern haften für alle Schäden, die ihre Kinder verursachen und sind für deren Sicherheit in der Unterkunft verantwortlich.
23. Das Abstellen von Fahrrädern, Kinderwagen, Schuhen und anderen Gegenständen in den Fluren ist verboten, diese müssen als Flucht- und Rettungswege frei bleiben.
24. Den Anweisungen des Personals (Sozialdienst, Hausmeisterdienst, Fallmanagement Wohnen, Verwaltungsdienst) ist Folge zu leisten.
25. Das Mitbringen eigener Möbel in das Zimmer ist untersagt. Über berechtigte Ausnahmen kann der Sozialdienst entscheiden.
26. Das Anbringen/Beauftragen eines privaten Internetanschlusses (inkl. Techniker) im Gebäude ist verboten.
27. Mit Energie ist sparsam umzugehen (Heizung nur nach Dringlichkeit nutzen, Stoßlüften, Licht beim Verlassen des Raumes ausschalten).
28. In der Unterkunft gilt ein grundsätzliches Verbot für die Haltung von Haustieren.
29. Das Aufbewahren von Waffen in den Zimmern ist nicht gestattet.
Zusätzliche, wichtige Informationen
• Wer voraussichtlich länger als 3 Tage abwesend ist, muss dies vorher dem Sozialdienst mitteilen, da ansonsten eine polizeiliche Abmeldung erfolgt.
• In Fällen nicht abgestimmter Abwesenheit werden ggf. andere Behörden umgehend informiert und die persönlichen Gegenstände für die Dauer von 6 Wochen eingelagert. Nach Ablauf der Frist werden die Gegenstände entsorgt.
• Bei Auszug aus einem Zimmer ist dieses gründlich zu reinigen und alle privaten Gegenstände sind zu entfernen.
• Nach dem Auszug sind alle Schlüssel / Karten beim Hausmeister abzugeben.
Ariane Würzburger
- Durch Gespräche und Kooperation mit den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung müssen die Auswirkungen der Flüchtlingsunterkünfte auf die betroffenen Nachbarn so gering wie möglich gehalten werden, um zu verhindern, dass unser Viertel in einer Abwärtsspirale endet.
- Wir werden nicht müde werden, die für dieses Projekt Verantwortlichen in der Politik, der SEG und in der Verwaltung und die damit verbundene massive Steuerverschwendung zu benennen.
- Schließlich werden wir darauf hinarbeiten, dass dieses politisch motivierte Flüchtlingsheim, welche weder den Bewohnern noch den Anwohnern gerecht wird, so schnell wie möglich geschlossen wird und die Immobilien wieder einer Verwendung zugeführt werden, welche ihnen gerecht wird.
nach einer längeren Pause, nicht zuletzt bedingt durch die Weihnachtsferien, möchte ich mich nun wieder melden und Informationen zu den aktuellen Entwicklungen geben.
Situation Lessing 16
In der Lessingstraße 16 haben in der letzten Woche die ersten Belegungen stattgefunden. Derzeit befinden sich auskunftsgemäß 17 Personen in der Unterkunft. Die letzten Bauarbeiten kommen wohl auch schön langsam zum Abschluss (die Zahl der täglich vorfahrenden Handwerker-Gefährte nimmt sukzessive ab).
Rechtliche Verfahren
Unser Verfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof läuft noch. Die Anwälte der Streitparteien haben ihre Schriftsätze ausgetauscht und das Verfahren könnte man nun als entscheidungsreif bezeichnen. Hinsichtlich unseres vorgelegten schalltechnischen Gutachtens ist zu berichten, dass die Gegenseite dieses bislang nicht entkräften konnte, sondern lediglich vortrug, dass die im Gutachten auch dargestellten Extremszenarien wohl in der Praxis ausgeschlossen werden könnten, da sich die Bewohner im Sommer ja in die Wiesbadener Parks zurückziehen könnten und nicht im Innenhof aufhalten müssten.
Das Gericht wurde über den Beginn der Belegung unterrichtet und wir dürfen gespannt sein, ob und wie das Gericht darauf reagiert, dass die Stadt Tatsachen schafft, bevor die Richter zu einem Urteil gelangt sind. Das Argument der Eilbedürftigkeit dürfte bei derzeit rund 3000 Bewohnern in Flüchtlingsunterkünften in Wiesbaden im Vergleich zu der homöopathischen Zahl von 17 Untergebrachten wohl nicht überzeugen.
Es wird seitens unseres Anwaltes mit einer nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit gerechnet, dass der Hessische VGH die Entscheidung hinauszögert, bis der eingereichte Bauantrag beschieden ist. Dies wäre jedoch für die weitere juristische Überprüfung des Vorhabens nicht weiter schlimm, da sich danach weitere Rechtsmittel eröffnen würden.
Neue GU in der Solmsstraße
Als wir über den Namen für unsere Bürgerinitiative diskutiert haben, waren wir zum einen einhellig der Meinung, dass wir uns proaktiv nach vorne orientieren und nicht in den Rückspiegel schauen und einen Status Quo einfrieren wollen. Zum anderen wollten wir uns eben nicht auf die Immobilie Lessing 16 fokussieren, sondern unser Wohnviertel als Ganzes im Auge behalten.
Wie richtig und notwendig dies ist, zeigt sich nun leider schneller als befürchtet: In der Bredow wird die eigentlich zur Schließung vorgesehene GU+ fortgeführt, in der Lessing soll eine weitere GU+ entstehen und mit der Solmsstraße 16 wird gleich das nächste Flüchtlingswohnheim in der City-Ost eröffnet. Hier sollen dann 39 Personen in ein Haus mit drei Wohnungen gepresst werden. Wieder wurden die Anwohner nicht informiert, wieder wurden die Schulen nicht einbezogen, wieder erfolgt eine völlig unangemessene Belegung in einer für diese Personenzahl ungeeigneten Immobilie.
Mitglieder der BI hatten hierzu letzte Woche einen Gesprächstermin mit OB Mende. Leider waren wieder nur die immergleichen Worthülsen zu hören: Großartige Arbeit der städtischen Mitarbeiter im Sozialdezernat, Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen und so weiter. Da wo es unbequem wurde, gab sich unser OB nicht wissend und „wollte sich informieren“. Nun, Termine zum Herzeigen von bunten Bildchen einer „isländischen Badelandschaft“ vor dem Kurhaus oder von Abi-Feiern in einer schick auf Steuerzahlerkosten renovierten Walhalla machen mehr Spaß, das verstehen wir.
Am 27.2. haben wir unseren Ortsbürgermeister Scholz in der Fragestunde vor der Ortsbeiratssitzung zu diesen Themen angesprochen. Das Ergebnis kann nur als erschütternd bezeichnet werden: Ja, er, Herr Scholz, sei vom Sozialdezernat über die neue GU in der Solmsstraße unterrichtet worden, und nein, er habe die Anwohner nicht informiert, die könnten ihn ja im Rahmen der Ortsbeiratssitzungen fragen. Der zarte Hinweis, dass es im Jahr 2024 vielleicht auch digitale Möglichkeiten gäbe, interessierte Bürger zu informieren, wurde mit Unverständnis aufgenommen.
Das Gleiche dann zur Frage, ob es Herr Scholz nicht merkwürdig fände, dass die Zahl der GU in Wiesbaden seit letztem Herbst von 72 auf nunmehr 53 (Wiesbadener Kurier vom 8.2.2024 S.9) zurückging, in der City Ost aber immer neue Unterkünfte eröffnet würden: Unkenntnis, Unverständnis.
Immerhin soll in der nächsten Ortsbeiratssitzung am 7. Mai um 19:00 das Thema Flüchtlingsunterkünfte in der City Ost auf die Tagesordnung. Hier sollten wir wieder möglichst zahlreich erscheinen und unsere Standpunkte vertreten.
Wie geht es weiter?
Der Beginn der Belegung der Lessing 16 stellt sicherlich eine Zäsur unserer Aktivitäten dar, markiert sie doch gleichsam den Eintritt eines Zustandes, welchen wir mit unseren bisherigen Aktionen zu verhindern suchten. Ja, die rechtliche Auseinandersetzung um die Zulässigkeit der geplanten Nutzung geht weiter und wir sehen hier durchaus Chancen für unser Anliegen. Eine solche rechtliche Auseinandersetzung benötigt aber keine BI zur Organisation und Koordination von Maßnahmen.
Gleichwohl haben fast alle von uns den Eindruck, dass es damit nicht zum Ende kommen darf. Zumindest für mich war die bisherige Reise mit der BI sehr aufschlussreich und ich musste erkennen, dass die eigentlichen Probleme tiefer liegen:
Seit 2014 ist es evident und manifest, dass sich unsere Gesellschaft mit Flüchtlingsströmen wird auseinandersetzen müssen. Ebenso evident ist für mich geworden, dass unsere Stadtregierung auch zehn Jahre später nicht den Ansatz einer Strategie hat, wie sie diese Herausforderung angehen möchte.
Statt einer Strategie sehen wir ad hoc Maßnahmen mit der Umwidmung von immer neuen für diesen Zweck ungeeigneten Büroimmobilien zu Flüchtlingsheimen, welche dann nach einigen Jahren wieder aufgegeben werden, um sie abzureißen und die Grundstücke zu verwerten oder alternativ die Anmietung von privatem Wohnraum zu exorbitanten Preisen.
Sowohl SEG als auch private Investoren haben aus dem Thema Flucht ein lukratives Geschäftsmodell gemacht. Leidtragende sind die Geflüchteten, welche in viel zu großer Zahl in ungeeignete Gebäude gepresst werden und deren Unterbringung zwar besser sein mag als in einem Flüchtlingscamp in Syrien, für die wir uns aber eigentlich schämen müssen (so ging es zumindest mir, als ich die Räume in der Lessingstraße nach „Fertigstellung“ besichtigen durfte: Versiffte Uraltteppichböden, Pressspanschutzplatten allerorten um dem Denkmalschutz Genüge zu tun, Sammelduschräume im Keller und so weiter.. ).
Sobald sich dann Widerstand der Anwohner auf solche Überbelegungen, welche die gewachsenen Strukturen der Wohnviertel sprengen, rührt, werden genüsslich die Keulen Xenophobie und am besten noch Rechtsextremismus geschwungen.
In Unterkünften mit 300 und mehr Bewohnern auf engstem Raum kann nichts Gutes entstehen, die vielbeschworene „Integration“ von Flüchtlingen bleibt eine Schimäre. Hier wären gänzlich andere Konzepte nötig.
Solche Konzepte müssten tatsächlich auf dezentrale Unterbringung und eine möglichst schnelle Einbindung in Arbeit vorsehen. Das ist aber natürlich mühsamer als die Unterbringung und Verwaltung des Elends in riesigen Einheiten.
Wiesbaden zerstört sich mit dem eingeschlagenen Weg, große Sammelunterkünfte in Wohngebiete zu klotzen, in signifikantem Umfang wirtschaftliche Chancen. Mit der Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes und der damit noch größeren Differenz zum Nachbarn Mainz, dürften die Chancen auf Unternehmensansiedlungen gegen null gehen. Das Gewerbegebiet Petersweg gibt davon beredtes Zeugnis: Das einzige was sich da noch ansiedelt sind großflächiger Einzelhandel, PKW Handel und LKW Reparatur. Alles halt, was viel Platz braucht aber nur ein geringes Steueraufkommen generiert. Die Chance von Wiesbaden liegen damit in den nicht gewerbesteuersensiblen Bereichen wie Freie Berufe und medizinische Dienstleistungen. Hier wäre in Bereichen wie der City Ost ein ideales Umfeld. Statt dies zu nutzen, nimmt die Stadt lieber geeignete Immobilien wie die Lessing 16 für viel Geld vom Markt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, werden die betroffenen Viertel auch noch unattraktiver für entsprechende Neuansiedlungen.
Eine typische „loose loose“ Situation also. Es muss daher allen wohlmeinenden Bürgern ein Anliegen sein, diese für Flüchtlinge und Bürger ungute Situation zu beenden und endlich konstruktive Wege einzuschlagen. Eine nachhaltige Entwicklung für die City-Ost eben.
Mit den besten Grüßen
Robert Binder
Leitbild und Ziele der Bürgerinitiative
"Nachhaltige Stadtentwicklung für die City-Ost"
Wir fordern daher:
PRESSEMITTEILUNG
Wiesbaden, 17.10.2023 – Stellvertretend für eine Vielzahl von Anwohnern aus dem Kreis der Bürgerinitiative „Nachhaltige Stadtentwicklung für die City-Ost“ aus der Lessingstraße, Martinstraße, Augustastraße und Viktoriastraße wurde beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eine einstweilige Anordnung auf Untersagung sämtlicher Bautätigkeiten
in dem ehemaligen Didier-Gebäude Lessingstraße Wiesbaden beantragt.
Die Anwohner sehen sich gezwungen, ihre nachbarschutzrechtlichen Belange im Wege eines Eilverfahrens vor Gericht geltend zu machen, da bis heute noch kein Bauantrag für die stattfindenden Umbaumaßnahmen in dem denkmalgeschützten Gebäude vorliegt. Sie fürchten, dass die Stadt die in Aussicht gestellten Gespräche mit der Bürgerinitiative für eine nachhaltige Stadtentwicklung für die City Ost nicht ergebnisoffen führen will, sondern nach wie vor mit dem Einzug der ersten Flüchtlinge Mitte Dezember vollendete Tatsachen schaffen will. So rückt die Stadt nach wie vor nicht von ihrem Standpunkt ab, in der geplanten Flüchtlingsunterkunft mindestens 280 Geflüchtete unterzubringen. Auch werden die Umbaumaßnahmen im Inneren des denkmalgeschützten Gebäudes unvermindert fortgeführt. Inwiefern nachbarschutzrechtliche Belange, durch die an vier Straßenzüge angrenzende geplante Flüchtlingsunterkunft berührt werden, scheint die Stadt und erst recht die SEG nicht zu interessieren.
Die Anwohner haben den Eindruck, dass die Stadt und die SEG auch nach der desaströsen Kommunikation in der Angelegenheit nicht ernsthaft daran interessiert sind, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, da noch immer nicht geplant ist, zeitnah einen Bauantrag zu stellen.
Im Rahmen eines ordnungsgemäßen Baugenehmigungsverfahrens würde nämlich geprüft, ob nachbarschutzrechtliche Belange der Anwohner durch die geplante Flüchtlingsunterkunft inmitten eines Wohngebietes verletzt werden.
Die SEG beruft sich auf Eilbedürftigkeit, die einen Bauantrag entbehrlich mache. Damit verhöhnt sie abermals die besorgten Anwohner, denn bereits seit Dezember 2022 plant die SEG nachweislich dieses Vorhaben und von Eilbedürftigkeit kann keine Rede sein. Hinzu kommt, dass die bestehende Unterkunft in der Hans-Bredow-Straße bis voraussichtlich 2026 genutzt werden kann und aktuell nur ca. 50% der Belegungskapazität dort genutzt wird.
Durch das vorgeschobene Argument der Eilbedürftigkeit treibt die Stadt und die SEG die Anwohner in ein gerichtliches Eilverfahren. Bereits jetzt nimmt die Stadt Wiesbaden und die Stadt“entwicklungs“gesellschaft Millieu-Veränderungen in Kauf. Der SEG Geschäftsführer Stöcklin verweist absurderweise hierbei auf Beispiele in anderen Städten in denen völlig heruntergekommene Viertel nach Jahrzehnten der Verwahrlosung wieder hip und attraktiv geworden seien! Die Anwohner empfehlen vor dem Hintergrund solcher Einlassungen, das Verständnis der SEG von Stadtentwicklung gründlich zu überdenken.
Die Bürgerinitiative hofft gleichwohl, dass die von der Sozialdezernentin Frau Dr. Patricia Becher, angekündigten Gespräche mit Vertretern der Bürgerinitiative mit dem Ziel, einen Interessenausgleich herbeizuführen, nun tatsächlich kurzfristig aufgenommen werden und eine außergerichtliche Lösung herbeigeführt werden kann.
- Eine maßvolle und der Verhältnismäßigkeit entsprechende Konzeption mit nachhaltiger Entwicklung des Standortes und Stärkung der funktionierenden Bürgergemeinschaft in der City-Ost
- Stopp der ohne Beantragung eines Bauantrages und nur mit einer oberflächlichen denkmalschutzrechtlichen Prüfung begonnen Arbeiten an dem denkmalgeschützten Ensemble
- Erarbeitung eines Mischkonzeptes aus Wohnungen für Migranten, Studenten, bezahlbaren kleineren Wohnungen für Wiesbadener Bürger und Büros unter Einbeziehung der Nachbarn und von Historikern zur Aufarbeitung der Geschichte der Didier-Werke AG
- Eine sachgerechte Sanierung der Gebäude, um diese auch für kommende Generationen zu erhalten
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